Arbeit, Leben, Gerechtigkeit

Landsmannschaft Kreisverband Gelsenkirchen2

 

WappenIn Jahr 2009 konnte  die Sudetendeutsche Landsmannschaft Kreisverband Gelsenkirchen auf dass sechzigjähriges Bestehen zurückblicken.

60 Jahre ist mehr als ein halbes Jahrhundert. So feierten wir dieses Fest gebührend und erinnern an die Frauen und Männer die vor über  60 Jahre den Verein unter schwierigsten Bedingungen ins Leben gerufen hatten.

Annähernd 17 Millionen verloren nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Heimat in den bis dahin deutschen Ostgebieten, sowie den Siedlungsgebieten der Deutschen in Ost- und Südeuropa.

Ungefähr zwei Millionen kamen bei der Flucht und Vertreibung ums Leben. Etwa zehn Millionen lebten 1960 in der Bundesrepublik. Sie stellten ein Knappes Fünftel der Bevölkerung dar. In der Geschichtsschreibung kommen sie gleichwohl selten vor.
Ich will an dieser Stelle an all die Frauen, Männer und vor allem an die Kinder erinnern, die bei der Vertreibung 1945 durch die Tschechen, Polen und durch die heranrückenden Sowjetischen Militäreinheiten nicht nur ihre Heimat, ihr Hab und Gut, sondern auch ihr Leben verloren haben.

 


Diese Menschen haben trotz ihres Schicksals das sie erlitten hatten nicht den Mut verloren, nicht den Kopf in den Sand gesteckt, nicht gejammert und geklagt haben, sondern schafften sich durch harte und körperliche Arbeit eine neue Heimat. Mit diesem Beitrag soll auch dieses gewürdigt werden.

Liebe Leserinnen, lieber Leser dieses Beitrages:

Dieser Beitrag erhebt kein Anspruch auf Vollständigkeit. Wer ihn ließt sollte sich davon anregen lassen, selbst weiter zu forschen und zu suchen. Es gibt sicherlich noch viele Interessante Materialen zum Thema: "Sudetendeutschlandsmannschaft in Gelsenkirchen von 1949 bis 2009", und auch andere Ereignisse die sich in unserer Heimatstadt abgespielt haben.

 

 

 

Quelle: http://www.joern.de/sudetenland.htm#dieses 
 
Die gewaltsame Vertreibung von insgesamt über 10 Millionen Deutschen aus Ostpreußen, Schlesien und Pommern, aus teilweise sehr alten Siedlungsgebieten im Baltikum, in Polen, Russland, Ungarn, Rumänien und Jugoslawien, in Böhmen, Mähren und der Slowakei in den Jahren 1944 bis 1947 war eine kollektive Vergeltungsmaßnahme. Außer den direkt aus ihrer Heimat vertriebenen waren aber viele Menschen in diesen Gebieten schon vor der heranrückenden Roten Armee geflohen oder evakuiert worden, viele wurden danach auch in sowjetische Arbeitslager deportiert, so das der Deutsche Bevölkerungsverlust insgesamt höher war als durch die eigentliche Vertreibung.

 

Dieser Beitrag erhebt kein  Anspruch auf Vollständigkeit. Der Zustrom Millionen Menschen aus dem Osten wurde in der an Problemen nicht armen Nachkriegszeit zunächst als zusätzliches Versorgungs- und Unterbringungsproblem wahrgenommen. Das Bemühen sich rasch wieder eine Existenz aufzubauen machte die Flüchtlinge und Vertriebenen aber bald zu hochmotivierten und leistungsstarken Aufbauhelfer. Gleichzeitig - so die gängigen Anschauungen - verschwanden sie mehr oder weniger spurlos in der Aufnahmegesellschaft und bildeten so das Paradebeispiel zügiger und erfolgreicher Integration. Sind Waren spurlos in der westdeutschen Nachkriegszeit verschwunden?  

                                

Die meisten Flüchtlinge und Vertriebenen wurden zunächst in die bäuerlich geprägten Bundesländer Schleswig - Holstein, Niedersachen, Hessen und Bayern geleitet. Hier konnten sie besser Untergebracht und versorgt werden als in den zerbombten Städten und Industrieregionen.

Allerdings waren sie dort weitgehend ohne Aussicht auf Arbeit oder Ausbildung: Es mangelte an Arbeitsplätze, welche die Neuankömmlinge in die Lage versetzt hätten, wieder selbst für ihre Familien zu sorgen. 

 

Die Versorgung der Millionen Flüchtlinge und Vertriebene - in Schleswig Holstein machtensie nach dem Krieg etwa ein Drittel der Bevölkerung aus - stellte daher auch die Aufnahmeländervor große Probleme.

 

Militärregierung und Vertreter der Länder aus der britischen und amerikanischen Zone versuchten das ab 1947 durch Umsiedlung zu mildern: Flüchtlinge und Vertriebene sollten gleichmäßig auf die Bundesländer verteilt und ihre Arbeitskraft und ihr Wissen für den Wiederaufbau genutzt werden: Einen "Strukturwandel durch Ostflüchtlinge" konstatierte der "Westdeutsche Kurier" noch im selben Jahr.

 

Eines der neuen Aufnahmeländer war Nordrhein - Westfalen. Das Land hatte zwar kein Interesse an einem zusätzlichen Versorgungs- und Unterbringungsproblem, suchte aber dringend Arbeitskräfte für die Industrie: Im Bergbau und in der Bauindustrie fehlten Männer, in der Textil- und Kleidungsindustrie Männer und Frauen. Der Wiederaufbau hing davon ab, dass diese Industrie wieder in Gang kam.

 


Die Landesregierung versuchte dache, auf die Umverteilung Einfluss zu nehmen, und schaffte es auch.

< Quellen: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Seite 8/Dienstag. 7.März 2006 / Nr.56


Aufnahmequoten und Arbeitskräftebedarf in Übereinstimmung zu bringen. Schon 1950 verzeichnete Nordrhein- Westfalen unter den Ländern den stärksten Zustrom von Vertriebenen.
Zwischen 1948 und 1953 stellten Flüchtlinge und Vertriebene fast 40 Prozent der Erwerbsfähigen dar, die für den Nordrhein - Westfälischen Arbeitsmarkt gewonnen werden konnte. Zwischen 1950 und 1953 waren es sogar 75 Prozent. Bis 1960 war auch hier fast jeder fünfte Flüchtling oder Heimatvertriebener. Damit hatte sich Nordrhein- Westfalen dem Durchschnitt der anderen Bundesländern angenähert.

 

 

Absoluter Vorrang hatte zunächst die Anwerbung neuer Bergleute. Der Bergbau war die Schlüsselindustrie für den Wiederaufbau:
Ohne Kohle lief nichts, konnten keine Wohnungen beheizt, kein Essen gekocht, kein Dampfkessel in Lokomotiven, Schiffen oder Fabriken befeuert, kein Strom erzeugt und auf dem Weltmarkt nichts gekauft werden - vor allem keine Lebensmitteln.

 

Die Zechen hatten - von einzelnen Bombentreffern oder der systematischen Zerstörung der Kraftwerke einmal abgesehen - im Krieg vergleichsweise geringe Schäden davongetragen. Einige nahmen schon im Mai 45 die Produktion wieder auf. Gleichwaohl kam die Kohlenförderung nicht richtig in Gang.
 
Die Briten, in deren Besatzungszone das Ruhrgebiet lag, hatten die Bergwerke beschlagnahmt und wollten den Bergbau - mit Zustimmung auch weitere Kreise der Bevölkerung und der Parteien -sozialisieren. Damit aber waren Rechtslage und Eigentumsfrage unsicher, und zunächst fand sich niemand, der in den Bergbau investieren wollte. Das allerdings wäre dringend notwendig gewesen, denn die Anlagen unter Tage waren veraltet. Jahrelang hatte man nur die besten Flöze abgebaut und die Erschließung und Vorbereitung neuer Abbaubereiche vernachlässigt. Das nach dem Krieg nur noch  die schlechten Flöze übrig waren, hieß im Klartext  "weniger Förderung bei gleicher Leistung".

 

Von gleicher Leistung konnte jedoch ebenfalls keine Rede sein, da sich die Belegschaftsstärke nach der Freilassung der in den Bergwerken eingesetzten Kriegsgefangenen auf etwa 125 000 halbiert hatte. Mehr Kohle konnte es unter diesen Umständen nur mit mehr Bergleute geben.

 

Schon im Frühjahr 1945 forderten die Briten Zechen, Arbeitsämter und Knappschaft auf, ehemalige Bergleute aufzufinden und in den Bergbau zurückzuführen.

Der Zusammenfall von Produktionslücken und gestiegenem Bedarf eröffnete vertriebenen  Fachleute und Unternehmern trotz ihrer meist dünnen Kapitaldecke gute Chancen für einen Neuaufbau im Westen, ohne in die Konkurrenz zu Einheimischen Produzenten treten zu müssen. Durch den Export brachten sie überdies wertvolle Devisen ins Land und trieben in vielen Regionen die Industrialisierung voran.

 

Insbesonders das noch weitgehend agrarisch geprägte Bayern baute mit  Hilfe der Heimatvertriebenen neue Gewerbe - und Industriestandorte auf, und mit ihrer Hilfe setzte es den Strukturwandel fort, der erst kurz zuvor, in der Phase der Aufrüstung und während des zweiten Weltkrieges, eingesetzt hatte. Nach dem Krieg nahm Bayern vor allem Heimatvertriebene aus dem vor dem zweiten Weltkrieg stärker industrialisierten Sudentenland und aus Schlesien auf und machte sich ihrer Kenntnisse zunutze. Die Neuansiedlung der sogenannten Flüchtlingsindustrien erfolgte teilweise in Munitionsanstalten oder wie im Fall Neustraubing bei Regensburg, auf dem damaligen Flughafen. (FAZ 2006)
 Der Flughafen Neustraubing war zwischen 1936 und 1938 als Schulungsflughafen gebaut worden und hatte den Regensburger Messerschmittwerken als Produktionsstätte sowie als Werks- und Testfughafen gedient.
1944/45 wurde er bei Luftangriffen weitgehend zerstört. Nach Kriegsende besetzten ihn zunächst die Amerikaner, die das Gelände aber schon 1946 wieder räumten und dem Bayerischen Landesamt für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung übergaben. Hier wurden Vertriebene und Ausgebombte untergebracht.

1948 stellten die Heimatvertriebenen in Neustraubing 97 Prozent der Bevölkerung dar. Sie gründeten eine Notgemeinschaft, die sich um den Neubau von Wohnraum und Infrastruktur sowie den Aufbau von Industrie -, Handel und Gewerbebetriebe kümmerten.
Innerhalb weniger Jahre entstanden 70 Handwerks-, und Industriebetriebe in denen Lederwahren, Textilen, Bekleidung und Knöpfe,  Nährmitte und Brot, Metallwaren, Maschinen, Lacke und Farben, Schuhe und Büroartikel. Möbel, Uhren und vieles andere hergestellt wurde.

 

Die meisten Unternehmen hatten ihre Wurzel in den Vertriebenengebiete, vor allem im Sudetenland,

 

1951 wurde Neustraubing nach Traunreuth, Neugablonz und Walkraiburg zur vierte bayerischen „Vertriebenengemeinde“ erhoben und vom Landrat in der zu diesem Anlass erstellten Festschrift als „Wirtschaftlicher Mittelpunkt des Landkreises Regensburg“. bezeichnet. Zehn Jahre später charaktisierte der CSU- Landesgruppenschef im Bundestag Hermann Höcherl Neustraubing als eines "der staatlichten, bevölkerungsstärksten und wirtschaftlich gesündesten Gemeinwesen im Landkreis Regensburg".

 

Neustraubing hatte die Industrialisierung der Region maßgeblich vorangetrieben und sich zum größten Industriellen Arbeitgeber entwickelt.Zahlreiche Einheimische Arbeitnehmer fandenin der Betrieben der Sudetendeutschen arbeit.  

 Sie musterten ihre Kriegsgefangenen in Deutschland und entließen jeden ins Ruhrgebiet, der angab Bergmann zu sein oder auf einer Zeche gearbeitet zu haben. Da das nicht ausreichte, unterstützten die Unternehmen und Arbeitsverwaltungen auch bei der Rekrutierung und Zuweisung von Flüchtlingen und Vertriebenen in den Ruhrbergbau. Mit Hilfe des Roten Kreuzes versuchten Briten, einen Teil der Männer, die Russen, Polen und Tschechen in Ostpreußen, Schlesien oder der Tschechoslowakei nicht vertrieben, sondern als Zwangsarbeiter zurückgehalten hatten freizubekommen. Dieses sollte im Zuge der Familienzusammenführung durchgeführt werden. Den Männern sollte gewährt werden ins Revier geholt zu werden oder Vertriebenentransporte dorthin zu leiten. Schon 1948 waren etwa die Hälfte der neu angeworbenen Bergleute Flüchtlinge oder Vertriebene. Bis 1954 wurden rund 800 000 Bergleute neu eingestellt und ausgebildet, bis 1958 rund eine Millionen. Die meisten – Einheimische wie Vertriebene – blieben allerdings, bis sich anderswo bessere Möglichkeiten für sie anboten.
 
  Genauso gefragt wie auf unabsehbarer Zeit krisensicher, aber deutlich weniger gefährlich war ein Arbeitsplatz in der Bauindustrie.  Die im Bombenkrieg zerstörten Städte mussten wieder aufgebazt werden. Für Vertriebenen und Flüchtlinge mussten Wohnungen geschaffen werden. Obwohl Bauindustrie und Baugewerbe zunächst unter einem durch die Knappheit an Kohle bedingten Baustoffmangel zu leiden hatten, warben sie bald ebenfalls zahlreiche Flüchtlinge und Vertriebene an. Diese ließen sich zu Maurern umschulen oder absolvierten eine Lehre am Bau. Hohe öffentliche Förderungsmittel sorgten in den fünfiger Jahren dafür, das der Wohnungsbau als Konjunkturstütze wirken konnte. Der Bauboom ermögtlichte andererseits auch geflüchteten oder vertriebenen Bauunternehmen, ihre Betriebe neu zu gründen.
Ander Unternehmen kam zugute, dass ihre Industriezweige im Westen bislang nicht vertreten waren: Ganze Bereiche etwa Glas-, Textil- und Bekleidungsindustrie sowie des Maschienenbaus gab es bis 1945 ausschließlich oder überwiegend in Schlesien, im Sudetenland oder in Sachsen und Thüringen. Unter anderem waren das: die Herstellung von Gardinen und Taschentüchern, Damenstrümpfen und Herrenoberbekleidung, die Produktion von Spezialglas (Laborgas, Glas für medizinische und Technische Zwecke, optisches Glas) sowie der Bau vonWerkzeugen und Textilmaschinen.
Der Verlust der Deutschen Ostgebiete und die Teilung Deutschland beendetrn in diesem Industriezweig traditionelle Arbeitsteilung und zerstörten funktionierende Netzwerke, in Westdeutschland lebten aber auch infolge der vertreibung und der andauernden Fluchtbewegung aus dem russischen Einflussgebiet bald 70 Prozent der gesamten deutschen  Bevölkerung. Diese mit Konsumgütern allein aus westdeutscher Produktion zu versorgen wäre angesichts der ungleichen Verteilung der Kapazitäten selbst dann nicht möglich gewesen, wenn die Industrie  im Westen keine Kriegsschäden erlitten hätten.
Die Textilindustrie im Westen aber hatten überdurchschnittlich  große Maschinenschäden erlitten, die sie aus eigener Kraft nicht beheben konnte. In der britischen Zone waren mit dem rheinischen Textilmaschinenbau nur 22%der deutschen Herstellungskapazitäten beheimatet, in der amerikanischen Zone mit jeweils sieben Prozent nochweniger Arbeitsplätze für  Heimatvertriebene und Einheimische entstanden auch in der Flüchtlingssiedlung Neugablonz bei Kaufbeuren. Dort hatte die Dynamit AG von 1939 an in einem Waldgebiet eine Munitionsfabrik errichtet. 1945 wurde diese von den Amerikanern teilweise gesprengt. Schon ein Jahr später bauten Vertriebene aus dem Kreis Gablonz auf den Trümmern dr Munitionsfabrik ihre schmucke industrie wieder auf.
Anders als Neustraubing siedelten sich hier nicht eine Vielzahl von Industrien und Gewerben an, sondern renomierte und exportorierte Spezialindustrie. Im bömischen Isergebirge, dort wurde der Modeschmuck erfunden, produzierten und exportierten Glasfachleute seit dem 18 Jahrhundert Perlen, Knöpfen, Lüsterbehang sowie Schmuck aus Glas und Metall.

 

Um 1900 galt Gablonz als eine "Welthandelsstadt", Stadt und Landkreis zählten ungefähr 100 000 fast ausschlißlich deutsche Einwohner. Nach dem Zweitem Weltkrieg wurden diese fast vollständig vertrieben. In den drei Westzonen, aber auch in den sowjetischen Besatzungszone umwarben viele Städte und Regionen die Gablonzer Facharbeiter. Die Schmuckindustrie war nicht nur wichtig für den Export, mit dem sich Devisen erwirtschaften ließen, sondern zudem äußerst arbeitsintensiv. Ihre Ansiedlung versprach zahlreiche Arbeitsplätze auch für Einheimische.
 Die Gablonzer selbst wollten nach Bayern. Schon im Juli 1945 hatte Ernst Huschka aus Neudorf, Kreis Gablonz, eine Dankschrift zur Ansiedlung der Gablonzer Glas- und Schmuckwarenindustrie  in diesem Land vorgelegt. Er hatte im Hinblick dieser vorab etliche in amerikanischer Hand befindlichen ehemalige Rüstungsareal untersuchen lassen. Im Dezember einigten sich die Verantwortlichen Dynamit AG in Kaufbeuren eine Siedlung für Vertriebene Handwerker aus Gablonz zu errichten. Trotz anfänglichen Widerständen aus dem bayrischen Wirtschaftsministerium, das die Gblonzer lieber verstreut in Oberfranken als einen Ort konzentriert hätte, und eines zeitweiligen Ansiedlungsverbots zogen die Gablonzer verstärkt nach Kaufbeuren. Da das DAG- Gelände vonAmts wegen nicht freizubekommen war, griffen sie zur Selbsthilfe und gründeten im Juni 1946 die Allgäuer Glas-, und Metall-, Schmuckwaren GmbH sowie eine Aufbau- und Siedlungsgesellschaft, die das Gelände von den Amerikanern auf25 Jahre pachteten. Ab 1952 hieß die neue Siedlung Neugablonz. Sie wurde zur bedeutendsten Neugründung der Gablonzer im Westen.
Neben Neustraubing und Neugablonz  entwickelte sich vier weitere Flüchtlingssiedlungen zu Städten mit mehr als 10 000 Einwohner. Fünf von ihnen liegen in Bayern, die sechste Espelkamp befindet sich Eigentümlicherweise in Westfalen. Um Gettos zu vermeiden, unterstützte das Land Nordrhein - Westfalen reine Flüchtlingssiedlungennicht. An Flüchlingsindustrie war das Land ebenfalls wenig interessiert, sondern fühlte sich in erster Linie der heimischen Wirtschaft verpflichtet. Knapp zwei Dritel der Flüchtlinge und Vertriebenen, die bis 1953 in den nordrhein - westfälischen Industrie angeworben wurden oder zuwanderten, kamen daher in den klassischen Grundstoff-, Investitions - und Produktionsgüterindustrien des Landes unter: in der Montanindustrie faßt dreißig Prozent, in der Texil - und Bekleidungsindustrie fast zwanzig  Prozent, im Anlage- und Maschinenbau fast vierzig Prozent. "Fremde" Industrie galten als unliebsame Konkurrenten um die heißumworbenen Arbeitskräften.
 Die "Stadt der Tausend Feuer" war, wie viele Großstädte im Revier, von Kohle und Stahl dominiert. Auch Glasindustrie und Chemie spielten eine gewisse Rolle. Arbeitsplätze gab es im wesentlichen nur für Männer. Nach dem Krieg aber war selbst das nicht mehr sicher, weil Demontagen drohten oder schon im  Gange waren.  
 Dies Ausgangslage veranlasste den städtischen Sonderbeauftragten für den Wiederaufbau Dr. Fritz Wendelburg, als neues Standbein der Gelsenkirchener Wirtschaft eine Industrie anzusiedeln, die ein Gegengewicht zur Schwerstindustrie bildete und gleichzeitig  Arbeitsplätze für Frauen schuf: die Bekleidungsindustrie.
Vor dem Krieg stammte ein Großteil der im Westen verkauften Kleider aus dem Osten des deutschen Reiches.
Berlin dominierte - typich für viele Haupstädter - in fast allem Zweigen der Herstellung konfektionierer Kleider, insbesondes in  der Fabrikation von Damenoberbekleidung. Herrenoberbekleidung wurde vor allem in Breslau und Stettin gefertigt. Speziell das Ruhrgebiet hatte vor 1945 seine Kleidung vorwiegend aus Breslau erhalten - was Wendelburg wusste, der dort zwischen 1941  und 1945 tätig gewesen ist.
Nach dem Krieg suchte er für Gelsenkirchen gezielt nach Betrieben die Geschäftsbeziehungen nach Westdeutschland nachweisen konnten. Diese Betriebe sollten wenig Fach-, dafür aber viele un- oder angelernte Arbeitskräfte, vor allem Frauen und Kriegsversehrte, benötigen und die in der Lage  sein ohne großen Aufwand und in provisorischen Räumlichkeiten mit der Produktion zu beginnen.
Binnen wenige Jahre baute aus dem Osten angeworbene Bekleidungsunternehmen zusammen mit einigen westdeutschen Unternehmern die fünfte Säule der Gelsenkirchener  Industrie:

Zu Beginn der fünfziger Jahre arbeiteten in mehr als 50 Firmen 6000 bis 7000 meist weibliche Beschäftigte. Auch in Essen, Recklinhausen, Herne und Wattenscheid bildete die Bekleidungsindustrie für einige Jahrzehnte ein willkommendes Gegengewicht des Reviers.

 

 Strukturwandel durch Ostflüchtlinge

 

Nach dem Kriegsende 1945 glich Gelsenkirchen einem Trümmerhaufen, 55 035 Sprengt- und 369 491 Brandbomben wurden bei 184 Luftangriffe der alliierten Verbände auf das Stadtgebiet geworfen.

Zerstörungsgrad 72 Prozent

Nur 1515 Häuser blieben heil. Vor dem Krieg standen noch 21 900 Häusern mit 92 000 Einwohnern.

Es herrschte akute Wohnungsnot, durch die 12 788 Flüchtlinge und 94 288 Heimkehrer - soviel waren es bis 1946 - zusätzlich verschärft wurden.

Von den drei Gelsenkirchener Stadtteilen Gelsenkirche, Buer und Horst die bis zum01.04.1928 Selbständig waren war die Gemeinde Horst am stärksten zerstört.

 

Alt - Gelsenkirchen

zu 44,3%

Buer

zu 23,4%

Horst

zu 54,1%

 

 

 

 Wegen Material- und Geldmangel konnten bis zur Währungsreform 1948 nur beschädigte Wohnungen wiederhergestellt werden.

Etwa 12 000 Menschen lebten in ärmlichen Verhältnissen, hausten in primitiven Notunterkünften aus Stein, Blech oder Holz errichteten Buden oder in Kellerräumen die zu Wohnungen umfunktioniert wurden. Oft lief das Wasser teilweise den Wänden herunter. Kinder litten an Diphtherie, Mittelohrendzündung oder unter Hustenanfällen. "Einmal wieder in einem richtigem Bett schlafen", das war für viele der größte Wunsch.

Die Not in Deutschland war grenzenlos. Arbeiter verdienten sowenig das sie ihre Familien nicht ausreichend ernähren und Kleiden konnten.

Wann sollten menschenvernichtendes Elend, Hubgersnot, Krankheit einmal enden?

Diese Frage richteten Stadtvertreter am 14. Januar 1947 an die örtlichen Stellen der Militärregierung. Es gab nichts mehr zukaufen, Kaufleute forderten Waren, die besonders dringend benötigt wurden, wie Kochgeschirr oder Schuhe. Die Ernährung war katastrophal. Mit den Lebensmittelkarten erhielt jeder Normalverbraucher Ende Februar 1947 nur noch 971 Kalorien. Zuviel zum Sterben, zuwenig zu Leben.

Gelsenkirchen war di"am zweitschlechtseten versorgte Großstadt des Landes Nordrhein - Westfahlen", berichtete die Stadtchrobuk des Jahres 1947. Obwohl es strng verboten war gehörte das Hamsterfahrten auf Land für viele zum Alltag.

 

 Auch der Schwarzmarkt blühte: so wurde er in Gelsenkirchen hauptsächlich in der Mindener Straße (Am Bahnhof) im Bulmker Park (Ortsteil Bulmke - Hüllen) und im Stadtgarten (Alt- Gelsenkirchen) geschoben.

Allen Angebote stammten aus strafbaren Handlungen.

Glückspiele standen an der Tagesordnung. Er herrschte eine Atmosphäre wie auf einem orientalischen Markt.

So wurde am 14. August 1946 bei einer Razzia im Bulmker Park der größte Schwarzmarkt Westdeutschland ausgehoben. Dieser war nicht nur wegen seiner schönen Lage weit über die Stadtgrenze hinaus bekannt: "Ein phantastischer Jahrmarkt des ökonomischen Wahnsinns. Es wurden sämtliche Händler verhaftet, und auf Lastwagen verladen und dann zur Unterkunft in die Mädchen Mittelschule an die Rotthauser Straße gebracht. Hier befand sich der Sitz der britischen Militärregierung."

 Viele wussten im harten Winter '47, nicht, wie es weitergehen sollte. Kälte, Hunger und vereiste Ruinen prägten damals das Bild in den vier Besatzungszonen. Es fehlte überall an Nahrung, Kleidung, Unterkunft und Heitzmaterial. Das Leben im Kriegszerstörten Deutschland war erstarrt. Stromsperren verschärften die Läge. Unzählige Notunterkünfte in Ruinenkellern wurden mit kleinen Kanonenöfen beheizt, deren Abzugsrohre durch einen fensterspalt geschoben wurde. Heimlich gefällte Bäume, zersägte Gartenbänke, gestohlene Kohlen wurden verheitzt. Steckrüben, Graupen- oder Kartoffelsuppe wurden auf Selbstgebastelten Kochplatten zubereitet. In dieser Zeit kam das Wort „fringsen“ auf. Denn wie bereits erwähnt bestimmte der Überlebenskampf um Nahrung und auch um Heizmaterial  das Dasein. Obwohl ab ‚45’ bereits im Ruhrgebiet wieder Kohle gefördert wurde, hatten zahlreiche Menschen kein Brennmaterial.

Der Kölner Kardinal Josef Frings rechtfertigte in seiner Silvesterpredigt am 31.Dezember 1946 in seiner predigt das Stehlen von Kohle im Überlebenskampf.

 

Damit war der Begriff „fringsen“ geboren.

Wo immer Kohlezüge oder – Lastwagen hieltenwaren die Menschen nicht weit, die in Säcken, Eimer oder Weihnachtsfeiersonstigen Gefäßen von  der Ladung etwas abzweigten.  

               

 

 

 

 

 

  

Innerhalb von wenigen Wochen verschwanden damals zwischen Ruhrgebiet und Süddeutschland mehr als 12 000 Zentner Kohlen. Zu Hunderten sprangen die frierenden auf die Wagen suf, füllten ihre Säcke und warfen sie an verabredeten Stellen wieder ab. Viele bis dahin unbescholtene Bürger landeten so vor dem Schnellrichter.Baden Baden

 Die Kälte hinderten die Menschen nicht, auf Hamsterfahrt zu gehen und und auf Bauernhöfen um Nahrung zu betteln. Für viele wurden Lebensmittelspenden aus dem Ausland die Rettung. So wurden Schwedenspeisung der Schulkinder für eine ganze Generation zum bleibenden Begriff. Care - Pakete wurden aus der USA eingeflogen. Das Rote Kreuz lieferte aus seinen Suppenküchen warme Mahlzeiten. Als Mitte März Tauwetter einsetzte, hatten viele es den anonymen spenden zu verdanken: "Denn ohne die Lebensmittelspenden hätten viele den Frühling nicht mRudi und Hildeehr erlebt."

Der Ernst der Lage stand aber den Tausenden von Teilnehmern der Kundgebung die am 01. Mai 1947   auf dem Wildenbruchplatz vor der Kulisse des schalker Vereins stattfand in den Gesichtern geschrieben.

Volle Mitbestimmung und Sozialisierung wurden gefordert.

Hunger, Not und Entberungen der Kriegsjahre waren den Menschen anzusehen. Mangel an Material, Kleidung und Lebensmitteln, der Wiederaufbau war kaum spürbarer, dazu kam noch Demontage durch die Sieger und Streiks wegen manfelnder Versorgung gehörten zur Tagesordnung.

 

 

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In Horst Treffen sich Freunde

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